Das euregionale Kochbuch - Rezepte und Geschichten aus der Euregio Belgien-Deutschland-Niederlande
 

Küchengeschichte:

Frau Marlie van Eijk, Schinveld, Niederlande

Ich bin 1953 geboren, als einziges Mädchen von fünf Kindern. Mein Vater arbeitete im Bergbau und hatte einen guten Job. Meine Mutter war Köchin und inzwischen gehört meine Liebe auch dem Kochen. Als Kind war das noch nicht so, ich war eine schlechte Esserin. Meine Mutter gab mir nur, war mir schmeckte, sonst hätte ich einfach gar nichts gegessen.

Ich habe zwei Berufe gelernt: Jahrelang war ich Friseuse mit einem großen Salon und Angestellten, danach Floristin mit genauso großer Umtriebigkeit. Wenn ich nichts mache, nichts Neues probieren kann, schlafe ich ein. Irgendwann in ständiger Geschäftigkeit habe ich gemerkt: Ich werde gelebt. Ich komme gar nicht mehr zu mir vor Stress. Da habe ich mich darauf besonnen, was ich am liebsten mache, nämlich Kochen. Seitdem betreibe ich zusammen mit meinem Mann ein kleines Unternehmen. Wir nennen es: Biej de Tant in Sjilvend: Bei unserer Tante in Sjilvend. Neben Kutschfahrten organisieren wir Kindergeburtstage, Bauerngolf und alle Form von Festen, bei denen im Mittelpunkt das Essen steht. Oft kochen wir alle zusammen. Die Gruppe, die unseren Service bucht, wird aufgeteilt und jede kleine Gruppe kocht ein Teil des Menüs. Es wird während des Kochens viel erzählt und gelacht, jeder lernt von jedem, und anschließend wird gemeinsam gegessen. Das ist eine andere Form von „essen gehen“ und für meine Gäste eine ungewöhnliche Erfahrung, weil die Jüngeren ihr Essen oft nur aus der Tiefkühltruhe holen und nichts mehr über Zutaten wissen.

Wenn ich Essen anbiete, wünsche ich keine feste Tischordnung, wie oft bei Festen üblich, weil sich dann immer nur drei oder vier Leute miteinander unterhalten können. Nach meiner Vorstellung ist Essen da, um satt zu werden, aber besonders auch, um Menschen in Kontakt miteinander zu bringen. Viele Menschen, und ganz besonders häufig Senioren, leben allein und fühlen sich oft einsam, da ist gemeinsames Kochen und Essen eine wunderbare Möglichkeit, Menschen kennen zu lernen. Es können sich nach dem gemeinsamen Essen Verabredungen zu Ausflügen ergeben, Freundschaften können entstehen.

Für das Essen, das ich anbiete, suche ich immer nach Neuem, Kochen fordert mich heraus. Ich kombiniere gerne Fleisch mit Fisch und verbinde unsere alten ländlichen Rezepte mit Schickem, Neuem. Die Deutschen essen traditionell, sie haben ihre alten Rezepte deshalb auch besser bewahrt. Ich dagegen probiere alles Fremde und versuche, es nachzukochen. Der Bergbau hat viele ausländische Arbeiter in unsere Region gebracht und aus Pasta und Reis haben wir uns neue holländische Rezepte gebastelt.

Mir macht es Spaß, Rezepte zu erfinden, meistens schmecken sie allen. Als ich allerdings mal Tannenzapfen in Alkohol eingelegt und angeboten habe, wollte das niemand trinken. Es war zu bitter.

Kochshows bieten mir wenig Anregung. Ich sehe sie mir selten an, sie sind wie gebackene Luft. Ich kann nichts nachmachen, weil häufig Zutaten verwendet werden, die ich nicht kriegen kann oder die zu teuer sind. Die Angebote an Gerichten, die ich meinen Kunden mache, müssen sich ja rechnen. Aus Kostengründen kaufe ich meist in Deutschland ein, weil es dort ein etwas anderes Sortiment Ware gibt und oft billiger ist.

Wie früher meine Mutter verwende ich viel, was gerade im Garten reif ist. Früher gab es im Juli Bohnen, sozusagen morgens, mittags und abends, Bohnengemüse, Bohnensuppe, Bohnensalat ...

Und Vlaai. Den ganzen Sommer über musste ich Obst pflücken für den Vlaai, der mit dem belegt wurde, was gerade reif war im Garten.

Dass ich nicht nur sehr gerne koche, sondern auch gerne esse, und schließlich muss ich ja auch alles, was ich koche, probieren, das sieht man mir natürlich an. Meine Ärztin meint, ich müsste eigentlich abnehmen. Andererseits nehme ich seit langer Zeit auch nicht mehr zu, also esse ich, was und wie ich will, und bleibe, wie ich bin.

 

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